„I’m interested in the resonances, the re-habitualizations, and the echoes of that historical moment in the contemporary.“ Tony Cokes
„Fragments, or just Moments“ ist die erste institutionelle Einzelausstellung des US-amerikanischen Künstlers Tony Cokes (*1956 Richmond, Virginia, USA) in Deutschland und bildet zugleich die erste umfassende Zusammenarbeit des Haus der Kunst mit dem Kunstverein München.
Ausgehend von der historischen Verbindung zwischen den beiden in unmittelbarer Nähe gelegenen Ausstellungsorten, präsentiert Tony Cokes die neue Werkreihe Some Munich Moments 1937–1972. Das audiovisuelle Werk untersucht auf Grundlage von Archivmaterial die eng miteinander verwobene Geschichte der beiden Orte während der NS-Zeit und darüber hinaus. Some Munich Moments 1937–1972 setzt die kulturellen Propagandastrategien des NS-Regimes in Beziehung zur visuellen Identität der Olympischen Spiele 1972 in München, die in direkter Opposition als „antifaschistisch“ und „weltoffen“ beworben wurde.
Die Werkreihe ist sowohl im Haus der Kunst als auch im öffentlichen Raum zu erleben. Im Kunstverein München war sie bis zum 11.9.22 zu sehen. In der Fußgängerunterführung am Südende des Englischen Gartens und am Zaun des Amerikanischen Generalkonsulats werden Text- und Tonauszüge des audiovisuellen Werks präsentiert.
Seit den frühen 1990er Jahren untersucht Tony Cokes in seinem Werk den Einfluss von Medien und Popkultur auf Gesellschaften. Ausgehend von einer grundsätzlichen Kritik an der Darstellung und visuellen Ausbeutung afroamerikanischer Gemeinschaften in Film, Fernsehen, Werbung und Musikvideos hat Cokes eine einzigartige Form des Videoessays entwickelt, die oftmals auf repräsentative Bilder verzichten. Seine dynamisch geschnittenen Filme kombinieren gefundene Textfragmente mit Popmusik, die unterschiedlichen kulturellen Quellen und Zeiten entnommen sind. Durch die Verbindung von Textauszügen aus Journalismus oder Kulturtheorie mit Musik verändert Cokes konventionelle Wahrnehmungsformen und verwandelt den Akt des Lesens und Hörens in eine körperliche und gemeinschaftliche Erfahrung. Cokes´ Werke regen somit zu einem veränderten Nachdenken über strukturellen Rassismus, Kapitalismus, Kriegsführung und Gentrifizierung an.
Mit „Fragments, or just Moments“ präsentiert das Haus der Kunst eine Überblicksausstellung, die ausgewählte audiovisuelle Werke aus Tony Cokes' drei Jahrzehnte umspannendem Œuvre zusammenführt. Situiert in der historisch verdichteten LSK-Galerie, dem ehemaligen Luftschutzkeller des Museums, skizziert die Ausstellung eine fragmentierte Chronologie des 20. und 21. Jahrhunderts, die sich von der Mitte der 1930er Jahre bis in die Gegenwart erstreckt. Die Zeitachse entlang historischer Ereignisse entfaltet sich weniger als lineare Abfolge, sondern zeigt vielmehr die Verflechtungen und Verschiebungen von soziopolitischen Realitäten aus verschiedenen Zeiten auf.Cokes thematisiert dabei die Rolle von Bild und Klang für ideologische Manipulation, Ausbeutung und Kriegsführung innerhalb eines kapitalistischen Systems, das grundlegend auf rassistischem Denken beruht. „Fragments, or just Moments“ widmet sich Cokes anhaltender Beschäftigung mit Geschichte und kollektivem Gedächtnis und legt die Kontinuitäten struktureller Unterdrückung und sozialer Ungleichheit über Zeiten und Orte hinweg frei.
Hier geht es zum Download des Online-Booklets mit Grundriss und Wandtexten der Ausstellung „Tony Cokes. Fragments, or just Moments“ in der LSK-Galerie im Haus der Kunst.
Kuratiert von Emma Enderby und Elena Setzer
Die Ausstellung wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt des Haus der Kunst und des Kunstverein München. Derzeit ist sie noch am Haus der Kunst sowie im öffentlichen Raum zu sehen.