Seit 2007 entwickelte Matthew Barney gemeinsam mit dem Komponisten Jonathan Bepler "River of Fundament" – ein Gesamtkunstwerk, das von Norman Mailers Roman "Ancient Evenings" [Frühe Nächte] inspiriert wurde. "River of Fundament" besteht aus mehreren parallel entwickelten und ineinander verzahnten Teilen: dem symphonisch-epischen Film "River of Fundament", drei Performances, vierzehn großformatigen, zum Teil 25 Tonnen schweren Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien und Storyboards; das Werk verdichtet sich damit zu einem der komplexesten und ehrgeizigsten in Barneys Schaffen.
Im Film "River of Fundament" kulminieren sieben Jahre intensiver Beschäftigung mit den Themen Tod, Wiedergeburt, Transformation und Transzendenz. Während Norman Mailer in seinem Roman den spirituellen Weg des Ägypters Menenhetet I durch drei Tode und drei Wiedergeburten schildert, überträgt Barney die menschliche Seele auf ein Auto der Marke Chrysler und die Reinkarnation auf Recycling: In "REN", der ersten Live-Performance, die 2008 in einem Autohaus in Los Angeles stattfand, "stirbt" das Auto – der 1967 Chrysler Crown Imperial aus Cremaster 3 – zum ersten Mal. Die zweite Performance "KHU", die zugleich den zweiten Akt der Film-Oper bildet, spielt in der "Motor City" Detroit. Dort, an seinem Entstehungsort, reinkarniert der Chrysler Crown Imperial als Pontiac Firebird Trans Am, Baujahr 1979. In "BA", der dritten Live-Performance, wandert die Seele des Autos weiter nach New York, wo der Mythos zur Skulptur gerinnt.
Mit den Skulpturen des "River of Fundament"-Projekts wendet sich Matthew Barney von den Materialien seiner früheren Arbeiten ab: Statt Thermoplastik und Vaseline verweisen nun Eisen, Bronze, Schwefel, Kupfer und Salz auf die ägyptische Mythologie. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach der Existenz einer kohärenten Identität oder eines spirituellen Kerns, der die individuellen Merkmale eines Menschen nicht nur in diesem Leben, sondern auch nach seinem physischen Tod bewahrt. Die in der Ausstellung gezeigte Skulptur "Djed" entstand während der Live-Performance "KHU": 25 Tonnen flüssiges Eisen wurden vor Publikum über das Chassis des Chrysler Crown Imperial gegossen. Die Skulptur weist formal Ähnlichkeit mit dem Djed-Pfeiler, dem ägyptischen Schriftzeichen für Ewigkeit und Fortdauer auf, das später in den Kult des Toten- und Fruchtbarkeitsgottes Osiris aufgenommen wurde. Auch andere Skulpturen und ihre komplexen Herstellungsprozesse waren Teil der Live-Performances und haben ihren Platz im Film "River of Fundament".
Etwa sechzig Zeichnungen, Fotografien und Storyboards, die neben den Skulpturen in der Ausstellung zu sehen sind, dokumentieren die thematische Entwicklung des Projekts en détail.
"Matthew Barney: River of Fundament" wurde kuratiert von Okwui Enwezor und organisiert vom Haus der Kunst, in Zusammenarbeit mit dem Museum of Old and New Art (MONA), Tasmanien, Australien. Mit großzügiger Unterstützung der Laurenz-Stiftung, Schaulager Basel; Gladstone Gallery, New York; Regen Projects, Los Angeles, und Sadie Coles HQ, London
Video zur Installation von Matthew Barneys komplexer Ausstellung "River of Fundament" im Haus der Kunst. Mit Interviews von Matthew Barney und Team. Ein Film von Felicitas Sonvilla und Lion Bischof.
Der Film entstand im Rahmen der Kooperation zwischen dem Haus der Kunst und der Abteilung Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), München.