Meine Arbeit ist eine Übung im Erkennen der Welt ... Ich möchte mich lebendig in meiner Arbeit fühlen. Sie soll atmen. Ich möchte, dass ihre Oberfläche wie Haut ist, durchscheinend, porös und die feuchte Wärme des Lebendigen ausstrahlend.
— Liliane Lijn

Seit mehr als sechs Jahrzehnten beschäftigt sich Liliane Lijn (geb. 1939, New York City, USA) mit der Schnittstelle zwischen Bildender Kunst, Literatur und wissenschaftlichem Denken. Sie hat ein umfangreiches Werk geschaffen, das Skulpturen, ortsbezogene Installationen, Gemälde und bewegte Bilder umfasst. Ihr Werk zeigt eine Verbundenheit mit surrealistischen Ideen, antiken Mythologien und feministischem, wissenschaftlichem und sprachlichem Denken. Ein Schwerpunkt von Lijns Arbeit ist die Frage, wie das Un­sicht­bare sichtbar gemacht werden kann, wobei Lijn neueste Materialien einsetzt und mit Reflexion, Bewegung und Licht experimentiert. Wie sie erklärt, wolle sie „die Welt in Form von Licht und Energie sehen”. Sie erforscht die Unsichtbarkeit, indem sie die Visualisierung von elektronischen Wellen, Kräften, Vibrationen, Licht und Klang nutzt. „Ich wollte, dass die Menschen den Klang sehen”, so Lijn. 

Bevor sie sich in London niederließ, lebte Lijn in Paris und Athen, wo sie zu einer Gruppe von Künstler*innen und befreundeten Dichter*innen gehörte, die die kine­tische Kunstbewegung definierten – eine Be­wegung, die mit Raum­fahrt­tech­nologie und kosmischer Spiritualität verbunden ist. In dieser Zeit experimentierte Lijn als eine der ersten Künstlerinnen mit kinetischer Bildhauerei, was ihr lebenslanges Engagement für das Verständnis von Energie begründete. Die Materialien, die sie ver­wendet – unkon­ven­tionelle und oft industrielle Materialien wie Kunststoffe, Prismen und Kupferdraht – sind ein wesentlicher Bestand­teil der Ideen, die sie erforscht und werden zu einer Quelle, in der sie experimentieren kann. Die Künstlerin arbeitet außerdem überwiegend in Serien, was ihr die Möglichkeit gibt, ihre komplexen Ideen, Experimente und den vielfältigen Einsatz von Materialien durch Wiederholungen des­selben Werktyps zu erkunden.

Ausstellungsfilm | Liliane Lijn

Die Ausstellung im Haus der Kunst ist die erste institutionelle Einzelausstellung dieser Größenordnung, in der Liliane Lijn ihre Malerei, Zeichnungen, Skulpturen, Filme und Installationen präsentiert. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen ihre skulpturalen Arbeiten aus den 1980er Jahren sowie ein Überblick über ihr Œuvre mit Werken aus den späten 1950er Jahren bis heute. Beeinflusst von der zweiten Welle des Feminismus und ihren eigenen Erfahrungen als Frau, konzentriert sich Lijn zunehmend auf die mensch­liche Form und den weiblichen Körper. In ihren Skulpturen aus den 1980er Jahren präsentiert Lijn futuristische und weibliche Archetypen, die teils maschinell, teils tierisch und teils pflanzlich sind und aus weichen Staubwedeln, Kunstfasern und industriellen Materialien wie Klavierdraht, Stahl und optischen Glasprismen bestehen. Diese Arbeiten spiegeln ihre kontinuierliche Erfor­schung einer neuen, weiblichen Form wider.

Die Ausstellung wird vom Haus der Kunst zusammen mit dem mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien organisiert, in Zusammenarbeit mit Tate St Ives. In Verbindung mit der Ausstellung wird eine Monografie über Liliane Lijn gemeinsam herausgegeben.

Kuratiert von Emma Enderby mit Teresa Retzer.

menschenähnliche Skulptur mit prismenförmigem Kopf und lila-orangenem Haarkleid.
„Liliane Lijn. Arise Alive”. Ausstellungansicht, Haus der Kunst 2024. Foto: Maximilian Geuter © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
„Liliane Lijn. Arise Alive”. Ausstellungansicht, Haus der Kunst 2024. Foto: Maximilian Geuter © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Für die Ausstellung hat Liliane Lijn die Audioführung selbst eingesprochen. Anhand von 14 Werken gibt sie auf zugängliche und charmante Weise Einblick in ihre Arbeitsweise und in die Themen, die sie beschäftigen und inspiriert haben. Die Audioführung kann auf dem eigenen Smartphone angehört werden oder über einen Audioguide, der an der Kasse zur Verfügung gestellt wird.

Vier verschieden große kegelförmige Skulpturen.
Trailer | Liliane Lijn. Arise Alive
Hell erleuchtete Baum-ähnliche Skulptur in einem Käfig.
„Liliane Lijn. Arise Alive”. Ausstellungansicht, Haus der Kunst 2024. Foto: Maximilian Geuter © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Ausstellungsansicht mit Menschen.
„Liliane Lijn. Arise Alive”. Ausstellungansicht, Haus der Kunst 2024. Foto: Maximilian Geuter © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Rolle mit schwarzen und roten Buchstaben.
„Liliane Lijn. Arise Alive”. Ausstellungansicht, Haus der Kunst 2024. Foto: Maximilian Geuter © VG Bild-Kunst, Bonn 2024