Oscar Murillo hat sich in nur wenigen Jahren zu einer der aufregendsten künstlerischen Positionen entwickelt. Primär im Medium der Malerei beheimatet, sprengt er zugleich eben diesen Rahmen auf radikale Weise: Er integriert Video, Zeichnung, skulpturale, installative und performative Elemente in seine Präsentationen, denen eine intensive, unmittelbare und viszerale Qualität innewohnt.
In Oscar Murillos Installationen findet sich der Betrachter in mitten eines klugen, hoch-ästhetischen und gleichzeitig existenziellen Spannungsfeld in dem es um das Verständnis von Arbeit und Spiel, Produktion und Konsum, Original und Aneignung, Zentrum und Peripherie genauso wie um die Beziehung von Materie und Transzendenz geht. Während sich Oscar Murillos Projekte noch vor einigen Jahren oft im Grenzbereich zu sozialen Experimenten bewegten, zeichnen sich seine jüngsten Installationen heute durch ein tastendendes Erkunden von Raum durch (malerische) Gesten, und damit historischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und philosophischen Assoziationen. Seine raumgreifenden, extrem dichten Installationen umfassen schwere, teilweise zerschlissene und wieder zusammengenähte Leinwände, die beidseitig in schwarzer Ölfarbe bemalt sind und auf Stahlkonstruktionen, die an die Obduktionstische erinnern, drapiert sind oder wie auf Wäscheleinen aufgehängt, den Raum ordnen. An industriellen Haken montierte Waagen führen zu (einem memento mori ähnelnd) einer Taxonomie des Messens. Ein Gemisch aus Ton und Mais setzt dabei spröde skulpturale Akzente wie Lebenszeichen. Boden, Wände, der Raum selbst, und die Vielschichtigkeit von Blickachsen verbinden sich zu einem vibrierenden Konstellation, einem Bild für Transformation selbst. Sichtbar, spürbar wird die Lust und Intensität genauso wie die Fragilität des Lebens mit seinen unvereinbaren Gleichzeitigkeiten.
Im Rahmen der Ausstellung von Oscar Murillo im Haus der Kunst wird in München ebenfalls das Projekt Frequencies durchgeführt. Frequencies ist ein seit 2013 fortlaufendes gemeinsames Projekt des Künstlers mit Familienmitgliedern und der Soziologin Clara Dublanc und Schulen verschiedenster Länder. Über den Zeitraum von sechs Monaten werden auf den Schulbänken Leinwände fixiert und damit die Schüler dazu angeregt ihre Spuren, Zeichnungen und Ideen zu hinterlassen.
Oscar Murillo ist 1986 in La Paila, Kolumbien geboren und lebt und arbeitet in London und La Paila.
Kapsel 07 ist kuratiert von Anna Schneider.