Im Haus der Kunst begreifen wir die Künste als eine Form der Mitgestaltung, eine notwendige Kraft, die uns nach oben führt, und als eine Möglichkeit, die historische Dimension im Zeitgenössischen zu finden. Unser Programm für 2021 wächst aus dieser anderen Art des Wahrnehmens, Produzierens und Ausstellens von Kunst. Wir stellen Fragen nicht nur nach künstlerischen und kulturellen, sondern auch nach sozialen Strukturen und wagen uns mit unserer Vorstellungskraft noch in Bereiche jenseits dieser Strukturen. So strecken sich die Triebe des Gewächses hoch und weit hinaus, über die Grenzen von Geschichten, Nationen und Geschlechtern hinweg. Körper im Raum sowie die Energie, die aus Zusammensein, Zusammenhalt, Teilhabe und Fürsorge entsteht – daraus nährt sich das transformative Potenzial unseres Programms. Wir beobachten aufmerksam die Verschränkung von sprachlichem Ausdruck mit radikalem gesellschaftlichen Wandel und freuen uns an der Flüchtigkeit emanzipatorischer Ausdrucksmöglichkeiten wie Performance, Tanz und Klang. Vor allem Musik bildet eine verbindende Klammer und lässt intensive Augenblicke entstehen, in denen wir uns als Gemeinschaft wahrnehmen. Ein Prozess des Verschraubens und Verdrehens, des Komponierens und Überarbeitens wird sich durch das gesamte kommende Jahr ziehen. Er wird darauf hinwirken, die Grenzen zwischen inneren und äußeren Räumen aufzulösen und Hierarchien und Stereotypen abzumildern. Er wird uns näher zur Stadt bringen und zu jenem sich wandelnden Gebilde, das wir weiterhin ‚Welt‘ nennen.
Phyllida Barlow. frontier 05.03 - 25.07.21
Mit dieser großen Retrospektive zum Werk der britischen Bildhauerin Phyllida Barlow (* 1944) eröffnet das Haus der Kunst 2021 eine Reihe von Ausstellungen im repräsentativen Ostflügel des Hauses, die zeitgenössischen weiblichen Stimmen gewidmet sind. „frontier“ bietet nun zum ersten Mal die Gelegenheit, die ganze Bandbreite von Barlows bemerkenswerten Beiträgen zu Debatten über die Grenzen und Schwellen der skulpturalen Praxis kennenzulernen. Mit mehreren neuen ortsspezifischen Arbeiten, neben Schlüsselstücken aus Ausstellungen der letzten zwei Jahrzehnte und einer großen Auswahl an Papierarbeiten, ist „frontier" ein Zeugnis von Barlows lebenslangem Engagement, die formalen und materiellen Möglichkeiten der Skulptur über verschiedene Medien hinweg zu erforschen. Im Vordergrund der Ausstellung steht die Art und Weise, wie ihre Arbeit die Beziehung der Skulptur zu den Objektstrukturen der Welt kontinuierlich in Frage stellt.
Felix Brenner, Andreas Maus, Kar Hang Mui. euward8 30.04 - 27.06.21
Das Haus der Kunst heißt in 2021 die Preisträger des euward European Award für Malerei und Grafik willkommen. Seit 2000 verleiht die Augustinum Stiftung alle drei Jahre den euward mit dem Ziel, Künstler*innen im Kontext kognitiver Einschränkungen innerhalb des Ausstellungsbetriebs zu Sichtbarkeit und Anerkennung zu verhelfen. Felix Brenner (*1955) schafft wandfüllende, symbolisch aufgeladene Bildinstallationen, in denen er sein Leben als eine Art Assemblage von Ereignissen darstellt. Andreas Maus (*1964) erzählt in seinen Bleistift- und Kugelschreiberzeichnungen von menschlichen Abgründen, Leid, Verfolgung und Folter in allen Phasen der jüngeren deutschen Geschichte. In seinen tagebuchartigen Künstlerbüchern reflektiert er Exklusion und ihre Folgen. In den ausdrucksstarken Bleistiftzeichnungen von Kar Hang Mui (*1989) scheinen die Unterscheidung zwischen Landschaft und Architektur, Abstraktion und Figuration, Realität und Transzendenz zu verschwimmen. Die Darstellung fantastischer Traumwelten ist überall von der feinen Textur der Strichführung durchzogen.
Sweat 11.06.21 - 09.01.22
Als Ergebnis von zwei Jahren intensiver Recherche versammelt „Sweat“ mehr als 20 künstlerische Stimmen, die auf verschiedene politische Druckverhältnisse reagieren. Die künstlerischen Positionen reichen von der Gegenwart bis zu wegweisenden Arbeiten aus den 1970er-und 80er- Jahren, die feministische und postkoloniale Unabhängigkeitsbewegung in Kunst und Gesellschaft mobilisierten. Sie eröffnen historische Perspektiven auf künstlerische Ausdrucksformen, die mit radikaler gesellschaftlicher Emanzipation verflochten sind. „Sweat" ist durchzogen von einer mehrstimmigen erfindungsreichen Poesie des Vergnügens.
Diese wirken einer Politik der Feindschaft und Ausgrenzung entgegen, indem sie sinnliche Akte der Selbstbestimmung darstellen und Geschichten materialisieren, die bisher zum Schweigen gebracht und unsichtbar gemacht wurden.
Beteiligte Künstler*innen: Pacita Abad, Cecilia Bengolea, Mohamed Bourouissa, chameckilerner, Mary Beth Edelson, Philipp Gufler, Sunil Gupta, Eisa Jocson, Isaac Julien, Natalia LL, Daniel Lind-Ramos, MAHKU (Movement of Huni Kuin Artists), Mulambö, António Ole, Santiago Reyes, Tabita Rezaire, Michele Rizzo, Guadalupe Rosales, Jacolby Satterwhite, Tschabalala Self, Tuesday Smillie, João Pedro Vale & Nuno Alexandre Ferreira, Kaylene Whiskey, Zadie Xa
Heidi Bucher. Metamorphosen 17.09.21 - 16.01.22
Heidi Bucher (*1923, †1993) ist eine Hauptvertreterin der internationalen Neo-Avantgarde, die in ihren skulpturalen Latex-Arbeiten die Kunst der Moderne mit der Gegenwart verbindet. „Metamorphosen“ präsentiert ihren performativen und zugleich materiellen Skulpturenbegriff. Sie nimmt Räume und Objekte in Besitz, indem sie Oberflächen mit flüssigem Kautschuk bestreicht und häutet. Mit diesen radikalen Materialtransformationen untersuchte sie menschliche Existenzformen und deren Einbettung in gesellschaftliche und private Machtstrukturen. "Metamorphosen" zeigt Buchers künstlerische Anfänge, ihre experimentelle Zeit in New York und Los Angeles, ihr Hauptwerk der Architektur- und Menschenhäutung sowie poetische Materialcollagen. Die lange Vorbereitung dieser über 100 Werke umfassenden Retrospektive hat neben unbekannten Arbeiten auch Quellenmaterial zutage gefördert, das die Bedeutung Buchers neben anerkannten Künstlerkolleg*innen hervorhebt.
Musikprogramm ab 2021
2021 wird Musik zu einem integralen Bestandteil des Programms. Einmal im Monat werden internationale Künstler*innen zu Kurzaufenthalten eingeladen. Entwickelt als eigenständiger Programmteil wird die Serie trotzdem in enger Verbindung mit dem Ausstellungsprogramm stehen und das Publikum dazu einladen sich in einzigartige Klangerlebnisse zu versenken, die sich über verschiedene Räume und Ebenen der Museumsgalerien verteilen. So werden künstlerische Stimmen zusammentreffen, die ihre Geschichten und musikalischen Traditionen in gegenwärtige und zukünftige Welten hineinweben und sich dabei auf neue Gefühle und kritische Gedanken einlassen.
HDK Summer Sessions Juli 2021
„HDK Summer Sessions“ ist ein Hybrid zwischen Ausstellung und einer bestimmten Äußerung von Lebendigkeit. Zeitbasiert, performativ und klanglich weitet sie sich über die Mauern der Institution aus auf den städtischen Raum sowie auf den digitalen Bereich. Die erste „Summer Session“ beschäftigt sich mit Film, Musik- und Tanzperformances sowie neu in Auftrag gegebenen audiovisuellen Arbeiten zu Musik und Tanz als einer Möglichkeit, sowohl für sich selbst zu sorgen als auch kulturelle Hinterlassenschaften wiederzubeleben.
Super BOOKS Juli 2021
Anfang Juli richtet das Haus der Kunst die zweite Ausgabe von Super BOOKS aus. An drei Tagen zeigen mehr als 50 internationale Künstler*innen, Gestalter*innen und alternative Verleger*innen ihre autonomen Produktionen im Terrassensaal des Museums.