In einer Bildsprache, die Elemente aus Mythen, Natur, Kunst und Sozialgeschichte vereint, schafft die afrikanisch-amerikanische Künstlerin Ellen Gallagher komplexe Arbeiten in einer Vielzahl von künstlerischen Medien: Malerei, Zeichnung, Film, Collage u.a. In akribischen Arbeitsschritten verunklart und überlagert sie gesammelte Bilder aus Literatur, Werbung oder Naturgeschichte, bis durch einen Schleier von Tintenschlieren, Flecken und Abrieb nur noch Spuren davon sichtbar sind und eine seltsame, zum Teil bizarre Fantasiewelt entsteht.
1986 verbrachte Gallagher ein Semester an Bord eines Forschungsschiffs, um das Wanderverhalten von Pteropoden - mikroskopisch kleinen Schnecken - zu erforschen. Sie fertigte Zeichnungen an, auf die sie später in einer Serie von Aquarellen ("Coral Cities", 2007) zurückkam. Im Mittelpunkt der Serie steht "Drexciya", ein mythisches, mit afrikanischen Frauen und Kindern bewohntes Atlantis. Gallagher bevölkert ihre Leinwände mit Frauen, deren fließendes Haar aus Korallen besteht, oder malt quallenartige Wesen mit afrikanischen Gesichtern. "Drexciya", so der Mythos, wurde von schwangeren Afrikanerinnen gegründet, die von Bord der Sklavenschiffe in den Atlantik gesprungen oder gestoßen worden waren, und Kinder zur Welt brachten, die unter Wasser atmen konnten. Die Aquarelle erzählen also nicht nur von Flucht, sondern auch von einem gelobten Land, von Neuanfängen und neuen Identitäten, die sich im Zuge einer Emanzipation herausbilden.
Anfang der 1990er-Jahre eroberte Ellen Gallagher mit Gemälden wie "Oh! Susanna" oder "Oogaboogah" die New Yorker Kunstwelt im Sturm. Die auf den ersten Blick minimalistischen Gemälde lassen bei näherem Hinsehen Ansammlungen von Augen und Lippen erkennen, wie sie für Afrikaner typisch sind /dem Klischee afrikanischen Aussehens/der afrikansichen Physiognomie entsprechen.
Für mehrere Serien, die Ellen Gallagher in den 2000er-Jahren schuf, verwendete sie Werbeanzeigen aus Zeitschriften mit afrikanischer Leserschaft wie Ebony, Our World oder Black Stars. Insbesondere Werbung für Perücken und andere Bedarfsartikel, die afrikanischen Frauen ein verändertes — weißen Frauen angepasstes — Aussehen versprachen, verarbeitete sie in monumentalen Werken wie "Pomp-Bang" von 2003.
Die Überblicksausstellung geht der Entwicklung und Wiederkehr von Themen in Gallaghers Werk nach - von den bahnbrechenden frühen Leinwandarbeiten bis zu den jüngsten Arbeiten und Filminstallationen.
"AxME" wurde organisiert von der Tate Modern, London, in Zusammenarbeit mit Sara Hildén Art Museum, Tampere, und Haus der Kunst, München.
Die internationale Ausstellungstournee wird unterstützt durch Gagosian Gallery und Hauser & Wirth.
Wir danken der Bayerischen Hausbau GmbH & Co.KG, die als Hautpsponsor die Ausstellungsstation im Haus der Kunst großzügig unterstützt.