Cyrill Lachauer (geb. 1979 in Rosenheim, lebt und arbeitet in Berlin und Los Angeles) entwickelt seine umfangreichen Projekte auf langen Reisen, bei denen er tief in die lokalen Kulturen des jeweiligen Ortes eintaucht. Für die Ausstellung der Sammlung Goetz im ehemaligen Luftschutzkeller des Haus der Kunst hat er eine neue mehrteilige Installation mit Filmen, Videos, Fotografien und Texten als dystopische Weiterentwicklung zu den utopischen Räumen in seinem letzten Film „Dodging Raindrops – A Seperate Reality“ geschaffen. Dabei beschäftigt er sich mit der Idee von Land in den verschiedensten Ausformungen. Denn Land kann Heimat bedeuten und Wurzeln geben, es kann ein nährendes Stück Land sein, aber auch als Idee von Nation zu In- und Exklusion führen. Land kann man besitzen oder mit ihm leben, man kann es wegnehmen, zerstören und anderen den Zugang verwehren.
So begegnen wir in „I am not sea, I am not land“ einem US-Amerikaner, der nach Berlin geflohen ist, um einer langjährigen Gefängnisstrafe zu entgehen, drei Diamantensuchern in Südafrika, einem queeren Parkarbeiter im Yosemite National Park oder dämonischen Ritualen der Raunächte in der Alpenregion. Lachauer bleibt dabei nicht der distanzierte Beobachter hinter der Kamera, sondern stellt, indem er gesellschaftspolitische Themen zu Geschlecht, Identität, sozialer Klasse und Nation aufgreift, auch seine eigene Position in Frage.
Er bezieht sich auf das 1567 entstandene Gemälde „The land of Cockaigne“ von Peter Brueghel dem Älteren. Darin entwirft der Maler ein Schlaraffenland (engl. Cockaigne) als utopisch-ironischen Gegenentwurf zur alltäglichen Härte des bäuerlichen Lebens.
Im Februar 2021 hat Cyrill Lachauer den Personaleingang des Haus der Kunst neu gestaltet. In der Soundinstallation mit Wandmalerei „True Love will find you in the End (Sermon for the Birds)“ sind Vogelstimmen jener Spezies zu hören, die in Giottos Gemälden der Vogelpredigt von Franz von Assisi zu sehen sind. Diese Vogelstimmen wurden u. a. für das Projekt „Dawn Chorus“ des Biotopia Naturkundemuseum Bayern und der Stiftung Kunst und Natur gesammelt. Die Idee dazu entstand im April 2020 als durch den ersten Lockdown der Verkehr zum Erliegen gekommen war und plötzlich wieder Vogelstimmen zu hören waren. Forscher und Ornithologen auf der ganzen Welt haben seither begonnen diesen morgendlichen Vogelgesang aufzuzeichnen und in der Datenbank des „Dawn Chorus“ zu speichern. Gemeinschaftlich haben Cyrill Lachauer und Moritz Stumm nun eine 16-minütige Komposition geschaffen, welche die Klangkulisse von Vogelstimmen alle 30 Minuten unterbricht.
Cyrill Lachauer hat zudem eine Wand des Korridors auf der ganzen Länge mit Pigment eingerieben. Diese Horizontlinie im Dunkel- und Hellblau der Morgendämmerung, als der Zeit des intensiven Vogelgesangs, ähnelt dem Bildhintergrund bei Giotto. Auf der Wand gegenüber steht ein handgeschriebener, an Gianni Nevada gerichteter Text, der mit den Worten endet „Earth – this damaged place in the endless space of Universe – needs totally new forms of coexistence. So long my friend, Yours Cyrill. PS: True Love will find you in the End.“ Damit ruft der Künstler die Wertschätzung für unsere gefährdete Umwelt in uns wach.
Kuratiert von Cornelia Gockel und Susanne Touw