O L Y M P I A, or: Message from the Dark Room
Mit den Kapsel-Ausstellungen gibt das Haus der Kunst jungen, international aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit, neue Werke im musealen Raum zu präsentieren. Für das 2014 eingeführte Format steht jeweils ein Ausstellungsraum zur Verfügung – eine "Kapsel", die auch der Reihe ihren Namen gibt.
In diesem Jahr werden die in London lebenden Künstlerinnen Adele Röder (geb. 1980) und Lynette Yiadom-Boakye (geb. 1977) zwei Räume bespielen, wobei jede Präsentation eine selbstständige Einheit bildet. Gleichzeitig ergeben sich diesmal überraschende inhaltliche Korrespondenzen zwischen den Arbeiten der Künstlerinnen, die sich auf je unterschiedliche Weise mit Fragen der Repräsentation von ‚Körper‘ beschäftigen.
In Adele Röders Kapsel 04 steht der Körper als nicht-sprachliches Ausdrucksmittel im Mittelpunkt. Ausgangspunkt der gezeigten Arbeiten ist die Beschäftigung mit Körperhaltungen als Grundform – oder gar Alphabet – menschlichen Austauschs, denn, so Adele Röder: "Bestimmte Haltungen und Positionen sind Formen einer rudimentären Sprache, mit der kulturelles Wissen über Jahrhunderte hinweg übertragen wird." Der Körper ist dabei Filter und Kontaktstelle zwischen Subjekt und umgebender Umwelt. Für ihre Präsentation hat Röder eine umfängliche Serie an Strichzeichnungen von Körperhaltungen und -details entwickelt: "O L Y M P I A, or: Message from the Dark Room". Die Zeichnungen basieren auf einem limitierten Formen-Repertoire an Kreisen, Kreissegmenten und L-Formen, das ihrem COMCORRÖDER-Projekt (seit 2010) entlehnt ist. Die Zeichnungen können wie ein Index verschiedener Ausdrucksformen und Lebensalter – vom Säugling bis zum Skelett – gelesen werden.
Figuren mit animiertem bis amüsant-komischem Charakter werden als Diaprojektion gezeigt; ausgewählte elementare Formen sind mit Leuchtstoffröhren auf Tischen ausgelegt oder vor der Wand fixiert. Die Neonröhren erscheinen seit 2010 in verschiedenen Zusammenhängen. Sie wurden als freistehende, grafische Raumstrukturen verwendet oder dienten zur Beleuchtung eines Pop-Up-Stores der Künstlerin, in dem man sich mit Bildentwürfen aus der COMCORRÖDER-Serie personalisierte Kleidungsstücke schneidern lassen konnte. Bereits hier deutet sich an, dass Adele Röder ihre Arbeit als einen kontinuierlichen, offenen Prozess der Transformation versteht, in dem laufend fortentwickelte Elemente in immer neuen Kontexten zu Bedeutungsträgern werden können.
Statt Anderes zu beleuchten sind Neonröhren nun erstmals zu eigenständigen "Leucht-Körpern" geworden. Das künstlerische Medium Licht verleiht dem Raum, der nur von den Arbeiten selbst beleuchtet wird, eine entrückte Stimmung; dies wird durch die Anziehungskraft, die die leuchtenden Körperformen darin ausüben, unterstrichen. Die Dunkelheit evoziert dabei das Gefühl, in eine Art Grotte oder Höhle einzutreten – einen Raum, in dem sich ein Blick auf Vergangenes eröffnet. Gleichzeitig versteht Adele Röder das Szenario als ein prospektives: Die Immaterialität des Lichts verleiht den Formen Vorschlagscharakter – sie werden zu Gedankenmodellen, anhand derer nicht nur aktuelle, sondern auch künftige Formen sozialen Austauschs imaginiert werden können.
Damit haben die "O L Y M P I A, or: Message from the Dark Room" Arbeiten grundlegend platonische Qualitäten: Sie sind Abbild und Ideenraum gleichermaßen.