"Autoconstrucción" (Eigenbau) nennt Abraham Cruzvillegas (*1968) seine Kunst, deren Wurzeln in den improvisierten Bauverfahren und -techniken seiner Heimat Mexico City liegen. In diesem ersten umfassenden Überblick über seine künstlerische Karriere in Europa zeigt sich, wie Cruzvillegas seine dynamische skulpturale Sprache mit Naturmaterialien und gefundene Gegenständen verbindet und die Grenzen zwischen Kunst und Handwerk, zwischen Industrie- und Handfertigung verwischt. Für den mexikanischen Künstler ist die skulpturale Form ein Prozess des Wandels, der Aktion, der Solidarität und der Transformation.
Im Laufe der letzten zehn Jahre hat Cruzvillegas ein beeindruckendes Werk geschaffen, das sein Interesse an Form und Materie der Gegend von Ajusco spiegelt, einer Vulkanlandschaft südlich der mexikanischen Hauptstadt, in der der Künstler aufwuchs. Im Zuge einer Landflucht entstand dort in den 1960er-Jahren eine Eigenbau-Siedlung. Die zahlreichen Immigranten befanden sich wirtschaftlich in einer prekären Lage und zimmerten ihre Unterkünfte meist ohne Fundament und Bauplan. Die Materialien und Bautechniken waren meist improvisiert, und man verwendete zum Bau, was in der Gegend zur Verfügung stand. Die Eigenbauten spiegelten die konkreten Bedürfnisse der beteiligten Familien wider - ihr Wachstum, ihre Krisen und ihre Anpassungen an wichtige Ereignisse: Jemand brauchte ein extra Zimmer, musste ein Dach umbauen, wollte diesen oder jenen Raum ändern oder beseitigen. Am Entstehen der Eigenbau-Siedlung war die gesamte Gemeinschaft von Familienmitgliedern und Nachbarn beteiligt. So war die "autoconstrucción" ein Ergebnis menschlicher Solidarität.
Abraham Cruzvillegas hat selbst in der Siedlung Ajusco gelebt und "in den ersten zwanzig Jahren seines Lebens" den Bau des Elternhauses Schritt für Schritt beobachtet und mitgestaltet. Zwischen 2005 und 2012 hielt sich Cruzvillegas an unterschiedlichen Orten in Europa, Asien und den USA auf. Die jeweiligen Umweltbedingungen flossen in seine Arbeit ein. "Bougie du Isthmus" (2005) z.B. ist von einem improvisierten Gerät angeregt, das Fischer in Istanbul an einem Reifen befestigen, um ohne Zuhilfenahme der Hände fischen zu können. Auch in Schottland, wo sich Cruzvillegas 2008 aufhielt, arbeitete er mit Materialien aus seiner direkten Umgebung: Wolle, Schafdung, Maschendraht, weggeworfene Möbel, Pappe, Steine und Gras - dem "einheimischen Wirtschaftssystem", wie er es nennt.
"Abraham Cruzvillegas - The Autoconstrucción Suites" ist organisiert vom Walker Art Center Minneapolis, MN, U.S.A., und wird im Haus der Kunst München präsentiert.
Mit freundlicher Unterstützung von Andy Warhol Foundation for the Visual Arts; Nelly und Moisés Cosío Espinosa, Rose Francis Foundation, Gabriela und Ramiro Garza, Eugenio Lopez, Leni und David Moore, Jr., Donna und Jim Pohlad, Mike und Elizabeth Sweeney sowie Marge und Irv Weiser
Die Ausstellung im Haus der Kunst wird großzügig unterstützt von Thomas Dane Gallery, London / Regen Projects, Los Angeles / Galerie Chantal Crousel, Paris / kurimanzutto, Mexico City