Die in dieser Serie vorgestellten Künstler*innen-Texte sind eine Hommage vier ehemaliger Student*innen des Künstlers und Hochschulprofessors Franz Erhard Walther. Auf poetische aber auch fragmentarisch-anekdotische Weise erzählen sie von prägenden Erinnerungen während ihrer Studienjahre, aber auch Sehnsuchtserfahrungen oder Lob und Unsicherheiten in der Findung der eigenen künstlerischen Sprache. Für uns blicken sie zurück auf ihre künstlerischen Anfänge.
Ich bin zu Franz gegangen, weil mir alle gesagt haben, dass man bei ihm was wird.
Als ich in seine Klasse eintrat, waren da nur drei Studenten, so elitär war das. Viele, die zu den öffentlichen und meist gut besuchten Arbeitsbesprechungen kamen, waren anfangs den Tränen nah, wenn Franz ihre Werke kommentierte, so wie ich beim ersten Mal. Es schien sehr viel von seinen Einschätzungen abzuhängen. Ja, er übte scharfe Kritik, aber wenn ihm etwas gefiel, hatte man auch den Eindruck, dass es etwas bedeutete. Zu dieser Zeit hatte ich bereits mit dem Malen aufgehört und fühlte mich zunehmend anerkannt, wenn er etwas Brauchbares unter meinen Arbeiten fand. Gerade am Anfang erzählte er ziemlich viel für mich noch Unverständliches ... was mich sehr inspirierte; es ging da um Maßstäbe aus einer rätselhaften Welt, um das, was sich zwischen Kernen und Mänteln ereignet ebenso wie zwischen Köpfen, die zeichnen, und Händen, die denken.
Ich habe an Franz bewundert, dass er so ein aktiver Künstler ist: Er hat einem das Künstlerdasein vorgelebt. Es kam auch oft vor, dass er nur kurz reinschneite, irgendetwas über einen neuen Katalog von sich gab, den er demnächst veröffentlichen wollte, und schon war er wieder fort. Ich habe ihm das nie nachgetragen, weil mir bewusst war, dass er in diesen Momenten gefordert war.
Und es ging ihm immer in erster Linie um die Kunst. Das war eine entscheidende Erfahrung, die ich machen konnte. Einfach, dass einem jemand das vorgelebt hat: Man kann als Künstler leben, und so sieht das in etwa aus. Mich beeindruckt an Franz’ Werk die Eigenständigkeit, mit der er sich sehr strategisch und bewusst auf die Kunstgeschichte bezieht und dort neu verortet. Wie er mit einfachen Worten und einfachem Material ganz frisch formuliert. Manchmal verspottet, stets unbeirrt seinen Namen verteidigend und sein Werk positionierend ... immer interessiert an Jahreszahlen, daran, wer etwas zuerst gemacht hat. Es ist nicht zu übersehen, wie beharrend und geschlossen sein Werk heute dasteht. Verortet in der Zeit, aber zugleich auch zeitlos. Durch das Aktivieren der Skulpturen, das Sichplatzieren in den Wandformationen und durch Handelnde im Raum entsteht bei dem Ganzen immer so ein Magic-Walther-Kick: Skulptur-Performance-Sandwich.
Wenn Rezipienten dazukommen und zusammen mit Franz selbst am Werk teilhaben, berührt mich das besonders, denn dann erscheint der Künstler auf Augenhöhe. Nicht nur 'The artist is present', nein: Wir sind präsent! Wir können in sein Werk auf unterschiedlichen Ebenen einsteigen, spielerisch handelnd und intellektuell.
Christian Jankowski (*1968) lebt und arbeitet in Berlin. An der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg studierte Jankowski Freie Kunst bei Franz Erhard Walther. Seine Werke bewegen sich im Bereich der Konzept- und Performancekunst, wofür er vielfältige Medien und Gattungen einbezieht, wie Film, Video und Fotografie sowie Malerei, Bildhauerei und Installation. Jankowski initiiert Kollaborationen zwischen der zeitgenössischen bildenden Kunst wie auch Religion, Politik und Entertainment. Seine Werke befinden sich u.a. im Metropolitan Museum, New York und der Tate Modern, London.
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