Bereits im Frühjahr führte es die Autorin Christine Wunnicke regelmäßig zum Haus der Kunst, woraufhin sie ihre Naturbeobachtungen in der unmittelbaren Umgebung des Museums niederschrieb. In diesem Blogbeitrag lässt uns Wunnicke erneut an ihren nächtlichen Spaziergängen teilhaben, diesmal berichtet sie von einem winterlichen Naturschauspiel aus Nebelschwaden, der Schönheit einer sezierten Erdkröte und einem schlimmen Häschengesicht auf einer Glastür.

1
Anfang Dezember kam eine Erdkröte auf den Parkplatz. Ich schaute sie an, da tat sie etwas, das aussah wie Sterben. Die Erdkrötensaison war vorbei. Sie hätte in einem Erdloch sein sollen, nicht auf dem kalten Parkplatz vom Haus der Kunst. Kann man bei lebendigen Kröten den Herzschlag tasten? Den Atem? Ich konnte mich nicht erinnern. Ich nahm sie mit nach Hause. Sie war wirklich tot. Ich habe sie lange untersucht. Die Schönheit der Erdkröte.

Auf einmal war alles gestorben. Nur die Gänse und Enten auf dem Teich beim Teehaus schrien manchmal los. Sie machten die Stimmen anderer Tiere nach, vor allem die von Eseln, so kam es mir vor. Dann schlugen sie mit den Flügeln und schliefen wieder ein.

In verschiedenen Nächten gab es verschiedene Sorten von Nebel. Dichte Schwaden vom Teich. Verwirbelte Schwaden vom Eisbach. Feinen Dunst, den man nur im Licht sieht. Zarte Schleier von oben, verdünnten Regen. Dicke Suppe, die alles umhüllt; eher selten. Einzelne längliche Fetzen aus dem Englischen Garten, sie schwebten über den Parkplatz, zerrissen, schlichen die Treppen zur Terrasse hinauf.

Die Goldene Bar hatte zentnerweise Eiswürfel auf die Wiese gespuckt. An einer Glastür ist ein schlimmes Häschengesicht. Der Busch unter dem sehr hellen Licht hat Krebs.

Schlimmes Häschen, Foto: Christine Wunnicke
Schlimmes Häschen, Foto: Christine Wunnicke

2
Im Januar fiel Schnee. Sie waren hier und ich kann es beweisen!

Das Archiv des Winters.

Krähen-, Tauben-, Amsel-, Enten-, Gänse-, Menschen-, Hunde-, Eichhörnchen-, Kaninchen-, Rattenspuren. Terrasse, Wiese, Parkplatz, Zufahrt, Treppen, Dach vom P1. Ich muss Fährtenlesen lernen. Ich nerve eine Freundin, die im Alpenvorland lebt, und einen Freund, dessen Vater Jäger ist. Paarhuferspuren. Ein zweibeiniger Paarhufer. Ein Faun auf dem Dach des P1? Ich kann das nicht gut. In der nächsten Nacht lege ich mich auf die Lauer. Nach zwei Stunden erscheint ein Marder und hinterlässt Paarhuferspuren mit seinen engstehenden Pfötchen. Ich mache Fotos, bis mein Akku leer ist.

Wussten Sie, dass man Rattenspuren am zarten Schleifspürchen des Schwanzes zwischen den Pfoten erkennt? Wussten Sie, dass man Tierspuren "Trittsiegel" nennt?

Das LOVE-Licht vor dem P1 ging kaputt. Erst das L, dann das E. Vielleicht haben Marder die Kabel durchgebissen. Dann war nur noch das O hell, und dann hat es getaut.

Ich warte auf den Frühling.

Eichhörnchen- und Marderspuren auf der Terrasse, Foto: Christine Wunnicke
Eichhörnchen- und Marderspuren auf der Terrasse, Foto: Christine Wunnicke
Trittsiegel eines Marders unter den westlichen Büschen, Foto: Christine Wunnicke
Trittsiegel eines Marders unter den westlichen Büschen, Foto: Christine Wunnicke
Kaninchenspuren vor dem kaputte LOVE-Licht, Foto: Christine Wunnicke
Kaninchenspuren vor dem kaputte LOVE-Licht, Foto: Christine Wunnicke

Hier geht es zum ersten Blogeintrag von Christine Wunnicke: "Fauna und Flora am Haus der Kunst".

Christine Wunnicke ist Autorin und arbeitet seit vielen Jahren als freie Übersetzerin für das Haus das Kunst.