„Da wir in der Poesie am verletzlichsten sind, sollten wir unser ganzes Herzblut und jede Faser unseres Körpers hineinstecken.“ – Katalin Ladik
Versuchen Sie einmal, den Titel der Ausstellung laut auszusprechen: Wiederholen Sie den Buchstaben „o“ neunmal, spitzen Sie die Lippen und lassen Sie Ihre Stimmbänder vibrieren, machen Sie beim Bindestrich eine kurze Pause, und schließlich folgt das „pus“ als sanfter Ausstoß. Sie befinden sich nun in der Welt von Katalin Ladik, die mit ihrer radikalen Herangehensweise an konkrete und visuelle Poesie, Sound, Performance und Skulptur zu einer Schlüsselfigur der mittel- und osteuropäischen Kunst wurde.
„Ooooooooo-pus“ ist die erste Überblicksausstellung von Katalin Ladiks Werk in Deutschland. Geistig und konzeptuell verwurzelt ist das Werk der wegweisenden Künstlerin (geb. 1942, Novi Sad) in den multiethnischen und feministischen Avantgarden des ehemaligen Jugoslawiens. Mit ihrer Kunst hinterfragt sie konventionelle Geschlechterrollen und setzte dabei ihren Körper und ihre Stimme als Instrument und Medium ein.
Der Körper ist für Ladik der Ursprung von Poesie. Er ist ein Ort der Selbstdarstellung, den sie in ihren Performances immer wieder erkundet. Mit Happenings, Ritualen und Foto-Performances positionierte sie sich an der Schnittstelle verschiedener etablierter und neuer Performance-Traditionen. Ladik war auch als Film- und Theaterschauspielerin erfolgreich und verkörperte häufig weibliche Archetypen.
Ladiks visuelle Gedichte – Collagen aus Schnittmustern, Notenblättern und gefundenen Objekten wie Platinen von Radios und Küchengeräten – funktionieren auch als Partituren. Sie erforscht damit die Verbindungen zwischen Stimme und Bild und erweitert die Sprache durch phonetische Experimente. Sprache ist das Herz Ladiks künstlerischer Arbeit. Ihre vielschichtige Auffassung von Poesie nimmt auf den Seiten ihrer Bücher, in musikalischen Partituren, durch konkrete Gedichte und in visuellen Collagen Gestalt an. Letztere werden von klanglichen Interpretationen der Künstlerin begleitet und offenbaren ihre außergewöhnliche stimmliche Bandbreite.
Klang ist ein Leitmotiv von Ladiks Arbeiten und spielt im gesamten Programm des Haus der Kunst eine zentrale Rolle. Jeder der drei Ausstellungsräume eröffnet eine eigene Klanglandschaft, die auf Ladiks visueller und phonischer Poesie basieren und „Ooooooooo-pus“ zu einer Ausstellung machen, die ebenso gehört wie gesehen werden will. Im Einklang mit der nachfolgenden Ausstellung „Meredith Monk: Calling“ etabliert sie ein neues Format für die Präsentation wegweisender künstlerischer Praktiken, die mit Sound arbeiten.
Für die Ausstellung am Haus der Kunst schafft Katalin Ladik zwei neue Werke: eine skulpturale Partitur mit Klang und eine Installation, die auf ihre Multimedia-Performance Alice in Codeland zurückgeht. Ein roter Faden führt ganz konkret von Ladiks Nähmaschine im ersten Saal durch die gesamte Ausstellung bis in den dritten Saal zu ihrer Skulptur Follow Me Into Mythology (2017).
Im Rahmen von TUNE wird Ladik in der Ausstellung und in Zusammenarbeit mit der Komponistin Svetlana Maraš am 14. & 15.7.23 live im Haus der Kunst auftreten.
Kuratiert von Sarah Johanna Theurer (Kuratorin Haus der Kunst) und Hendrik Folkerts (Kurator International Contemporary Art & Head of Exhibitions, Moderna Museet, Stockholm) mit Manuela Hillmann (Kuratorische Volontärin Haus der Kunst)
„Katalin Ladik. Ooooooooo-pus“ ist organisiert von Haus der Kunst München, Ludwig Forum Aachen und Moderna Museet, Stockholm.