"Geniale Dilletanten" war der absichtlich falsch buchstabierte Titel eines Konzerts, das 1981 im Berliner Tempodrom stattfand und zum Synonym einer kurzen Epoche künstlerischen Aufbruchs wurde. Vor allem im Umfeld von Kunsthochschulen entwickelte sich eine künstlerische Vehemenz, die durch genreübergreifendes Experimentieren und den Einsatz neuer elektronischer Geräte geprägt war; auf virtuoses Können wurde häufig bewusst verzichtet. Die Gründung von Plattenlabels, Magazinen, Galerien und Clubs sowie das unabhängige Produzieren von Platten, Kassetten und Konzerten deuten auf eine verstärkte Selbstorganisation und den Do-It-Yourself-Gedanken dieser Zeit hin. Statt des Englischen etablierte sich die deutsche Sprache in Songtexten und Bandnamen, wodurch sich die Protagonisten der Szene vom Mainstream absetzten und ihren Anspruch untermauerten, einen radikalen Bruch herbeizuführen. Mit ihrem lautstarken Protest und gezielter Provokation erlangte die künstlerische Alternativszene auch international Aufsehen und Anerkennung.
Die Ausstellung präsentiert die große Bandbreite dieser Subkultur ausgehend von sieben Musikbands sowie Künstlern, Filmemachern und Designern aus impulsgebenden Städten und Regionen West- und Ostdeutschlands – darunter "Einstürzende Neubauten", die mit einem aus Schrott und Alltagsgegenständen zusammengestellten Instrumentarium die Grenzen zwischen Musik und Lärm erforschten, oder "Die Tödliche Doris", die mit verschiedenen künstlerischen Formen wie Musik, Film, Fotografie, aber auch mit Objektkunst und Malerei experimentierte. Die Band "Der Plan" ging aus dem Betreiben einer Galerie hervor und trat mit surrealen Kostümen und ironisch-sarkastischen Texten auf. "Freiwillige Selbstkontrolle (F.S.K.)" wurde von Redaktionsmitgliedern des Underground Magazins "Mode & Verzweiflung" gegründet und interessierte sich vor allem für kulturelle Brüche; die Idee von "Authentizität" lehnte F.S.K. ab. Eine ihrer bekanntesten Losungen lautete: "Heute Disco, morgen Umsturz, übermorgen Landpartie. Dies nennen wir Freiwillige Selbstkontrolle" (1980).Die Musik von "Palais Schaumburg" gewann ihren besonderen Charakter durch die Kombination von Synthesizern und Sample-Geräten mit Trompete und skurril-atonal vorgetragenem Gesang. Trotz erschwerter Umstände engagierten sich Ost-Berliner Künstler und Musiker im avantgardistischen Band-Projekt "Ornament und Verbrechen", das durch Jazz, Industrial und elektronische Musik beeinflusst war. Das Duo "Deutsch Amerikanische Freundschaft (D.A.F.)" kombinierte provokative Texte mit harten Schlagzeug-Beats, gepaart mit Synthesizer-Effekten und einer Bühnenshow zwischen Ekstase und Krawall.
Die breit angelegte Ausstellung präsentiert Protagonisten und Treffpunkte der künstlerischen Szenen in verschiedenen Städten, und bietet Einblicke in die vielfältigen Netzwerke. Nicht zuletzt werden zeitgleiche Entwicklungen in Kunst, Film, Mode und Design thematisiert. Mit einem eigens produzierten Interviewfilm, Video- und Fotomaterial, Hörbeispielen, Magazinen, Plakaten und weiteren Exponaten aus der Szene, geht die bisher umfangreichste Präsentation der deutschen Subkultur der 1980er-Jahre mit einem ausführlichen Begleitprogramm einher, das Konzerte und Diskussionen einschließt.
Die Filme in der Ausstellung stammen von Yana Yo, Helge Leiberg, Brigitte Bühler & Dieter Hormel, Norbert Meissner, Christoph Doering, Ramona Welsh, Reinhard Bock und Knut Hoffmeister.
"Geniale Dilletanten" wurde als Tourneeausstellung des Goethe-Instituts konzipiert und für die Präsentation im Haus der Kunst maßgeblich erweitert. Die Ausstellung wurde kuratiert von Mathilde Weh, Referentin des Goethe-Instituts im Bereich Bildende Kunst.